Vielen Unternehmern bereiten die angekündigten Strafverfahren und die angekündigten staatlichen Rückzahlungsbegehren von Corona-Soforthilfen große Sorgen. Gerade von den Unternehmern selbst zu berechnende Liquiditätsengpässe in den Antragsformularen zur Corona-Soforthilfe erweisen sich als äußerst tückisch.
Der Unternehmer ist in diesen Antragsformularen aufgefordert worden, den im direkten Zusammenhang mit der Corona-Krise in den auf die Antragstellung folgenden drei Monaten entstehenden Liquiditätsengpass zu berechnen. Klarstellend wird in den Antragsformularen darauf hingewiesen, dass bei der Antragstellung nur der „erwerbsmäßige Sach- und Finanzaufwand“ dabei zu berücksichtigen ist.
Unter Sachaufwand sind alle ordentlichen Aufwendungen zu verstehen, die außerhalb der Personalkosten anfallen. Dem genannten Finanzaufwand unterfallen insbesondere Darlehenszinsen.
Der berechnete Liquiditätsengpass in den Anträgen zur Corona-Soforthilfe erweist sich daher unstreitig als falsch, wenn der Unternehmer Lohnkosten, Kosten des privaten Lebensunterhalts (z.B. Kosten der anteiligen private Nutzung eines Büros oder eines Pkws), entgangene Gewinne oder Krankenversicherungsbeiträge bei der Berechnung zugrunde gelegt hat.
Drohen Ermittlungsverfahren, Hausdurchsuchungen oder Gefängnisstrafen wegen Betrug nach § 263 Strafgesetzbuch?
Die Unternehmer fragen sich in diesen Fällen berechtigterweise, ob jetzt Ermittlungsverfahren, Hausdurchsuchungen oder Gefängnisstrafen drohen.
Zur Beantwortung dieser Fragen ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und insbesondere das wegweisende Urteil des Bundesgerichtshofs vom 08.10.2014 – Aktenzeichen: 1 StR 359/13 – heranzuziehen.
Denn bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses handelt es sich um eine Äußerung des Unternehmers zu zukünftigen Ertragsentwicklungen aufgrund der Corona-Pandemie.
Hierbei hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass bei einer Äußerung zu zukünftigen Entwicklungen, mithin einer Prognose, die Frage, ob diese Prognose tauglicher Täuschungsgegenstand im Sinne der Betrugsstrafbarkeit ist, davon abhängt, ob die Prognose Behauptungen über konkrete gegenwärtige oder vergangene Verhältnisse, Zustände oder Geschehnisse enthält oder nicht. In einer Prognose kann trotz ihres Zukunftsbezugs bzw. des mit ihr verbundenen Werturteils eine Täuschung über Tatsachen liegen. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Täter seine eigene Überzeugung vom Eintritt dieser Prognose vorgespiegelt, denn dann täuscht er über eine gegenwärtige innere Tatsache. Täuscht der Täter über von ihm zugrunde gelegte gegenwärtige Prognosegrundlagen, so täuscht er daher ebenfalls über Tatsachen.
In Anwendung dieser höchstrichterlichen Maßstäbe ist festzustellen, dass sich der Unternehmer jedenfalls dann nicht wegen Betrug strafbar gemacht hat, wenn er seine Prognosegrundlagen gegenüber den Behörden bei Antragstellung offengelegt hat. Derjenige, der offengelegt hat, dass er bei seiner Berechnung Lohnkosten zugrunde gelegt hat, kann sich nicht wegen Betrug strafbar machen, der einen Strafrahmen von bis zu 5 Jahren oder in besonders schweren Fällen von bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe vorsieht.
Doch wie sieht es aus, wenn die Grundlagen der Liquiditätsberechnung vom Unternehmer nicht offengelegt wurden und beispielsweise Lohnkosten und Kosten des privaten Lebensunterhalts zugrunde gelegt wurden?
In diesen Fällen kommt es darauf an, aus welchen Motiven der Unternehmer gehandelt hat und insbesondere wie der Unternehmer gegenüber den Behörden Stellung bezieht, weswegen eine anwaltliche Beratung dringend erforderlich erscheint.
Derjenige, der sich darauf berufen kann, dass die genauen Verluste im Zeitpunkt der Antragstellung für ihn nicht vorhersehbar waren, wird kaum wegen Betrug zu einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren verurteilt werden können, da diese Einlassung von den Strafverfolgungsbehörden in den wenigsten Fällen zu widerlegen ist.
Derjenige aber, der genau wusste, dass er seiner Berechnung nicht zu berücksichtigende Lohnkosten zugrunde legte und keinen Corona bedingten Liquiditätsengpass erleiden würde, und der dann auch noch diese Motivlage gegenüber den Behörden offenlegt, wird sich den Fängen der Strafjustiz stellen müssen. Die frühzeitige anwaltliche Beratung verhindert hier – wie in vielen anderen Fällen auch – den Gang vor den Kadi und empfindliche Freiheitsstrafen.
Wie gehe ich als Unternehmer vor, wenn ich feststelle, dass sich die Ertragslage nach der Antragstellung besser darstellt, als vom Unternehmer erhofft?
Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, ob ich als Unternehmer verpflichtet bin, den Behörden mitzuteilen, dass sich die Ertragslage entgegen der Annahme im Antrag verbessert darstellt.
Nach der Rechtsprechung kann die Strafbarkeit wegen Betrug nach § 263 Strafgesetzbuch (StGB) auch durch das Unterlassen gebotener Aufklärung begründet werden (vgl. BayOLG, Urteil vom 30.12.1981 – 5 St 85/81 -).
Eine Verpflichtung zur Mitteilung der verbesserten Einnahmesituation folgt hier aus § 3 Subventionsgesetz. Das Subventionsgesetz ist anwendbar, da die Soforthilfe des Bundes auf der Rechtsgrundlage der „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“ gestellt worden ist und damit die Leistung nach Bundesrecht erfolgt (vgl. zum Beispiel Ziffer 1.2.2 und Ziffer 3 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau vom 01.04.2020).
Nach § 3 Subventionsgesetz ist der Unternehmer verpflichtet, dem Subventionsgeber unverzüglich alle Tatsachen mitzuteilen, die dem Belassen der Subvention entgegenstehen oder für die Rückforderung der Subvention erheblich sind.
Stellt sich daher nach Ablauf des dreimonatigen Prognosezeitraums heraus, dass im relevanten Zeitraum kein akuter Liquiditätsengpass vorlag und das Unternehmen auch ohne die Corona-Soforthilfe unter Außerachtlassung der Personalkosten und privaten Lebenshaltungskosten liquide war, so muss der Unternehmer jetzt tätig werden, um sich nicht des Vorwurfs der Begehung einer Straftat durch Unterlassen und sich der Gefahr von Hausdurchsuchungen und empfindlichen Gefängnisstrafen auszusetzen.
Wir danken unserem Mitglied Rechtsanwalt Markus Schmuck für seinen informativen Aufsatz zu dem Umgang mit Betrugsvorwürfen bei der Corona-Soforthilfe!